Die NIS2-Richtlinie (engl.: NIS2 directive) ist die neueste Antwort der Europäischen Union auf die wachsenden Cybersicherheitsbedrohungen, die eine fortschreitende Digitalisierung mit sich bringt.
Von großen Unternehmen in sicherheitsrelevanten Sektoren bis hin zu spezifischen Dienstleistern – viele stehen nun im Fokus dieser erweiterten Richtlinie. Die Richtlinie tritt im Oktober 2024 in Kraft. Nichtbeachtung kann zu drastischen Strafen von bis zu 10 Millionen Euro oder 2% des weltweiten Jahresumsatzes führen. In diesem Artikel bieten wir einen klaren Überblick über die NIS2, wer betroffen ist und wie Sie sicherstellen können, dass Ihr Unternehmen konform geht und sich vor möglichen Sanktionen schützt.
Die Tragweite der NIS2-Richtlinie
Die NIS2-Richtlinie markiert einen Wendepunkt in der europäischen Cybersicherheitslandschaft. Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin weitet sie den Geltungsbereich erheblich aus, sodass nun eine größere Anzahl von Unternehmen in den Fokus rückt. Es reicht nicht mehr aus, nur als “kritische Infrastruktur” eingestuft zu werden. Selbst Unternehmen, die in sicherheitsrelevanten Sektoren tätig sind, müssen nun die Vorgaben der NIS2 beachten. Dies verdeutlicht, wie ernst die Europäische Union das Thema Cybersicherheit nimmt und welche Erwartungen sie an Unternehmen stellt, um Unternehmen gegen wachsende Cybersicherheitsbedrohungen sicherer zu machen. Laut Schätzungen des Bundesinnenministeriums wird die Zahl der betroffenen Unternehmen drastisch ansteigen: Waren es im Jahr 2021 noch weniger als 2.000 Unternehmen, werden künftig zehntausende Unternehmen in den Anwendungsbereich der NIS2-Richtlinie fallen.
Sind Sie betroffen?
Die NIS2-Richtlinie zieht weitreichende Kreise und hat das Potenzial, eine Vielzahl von Unternehmen in der gesamten Europäischen Union zu beeinflussen. Primär fokussiert sie sich auf Unternehmen, die in als sicherheitsrelevant eingestuften Sektoren tätig sind, sowie auf die kritische Infrastruktur (KRITIS).
Sektoren mit hoher Kritikalität | Sonstige kritische Sektoren |
Energie (Strom, Öl, Gas, Wärme, Wasserstoff) | Post und Kurier |
Gesundheit (Versorger, Labore, Pharma) | Abfallwirtschaft |
Transport (Luft, Schiene, Wasser, Straße) | Chemie |
Banken und Finanzmärkte | Ernährung |
Wasser und Abwasser | Industrie (Technik und Ingenieurwesen) |
Digital (Anbieter von Internet Exchange Points (IXP), DNS-Dienstanbieter, TLD-Namensregistrierungen, Anbieter von Rechenzentrumsdiensten, Anbieter von Cloud-Computing-Diensten, Anbieter von Inhaltsbereitstellungsnetzwerken, Anbieter von Vertrauensdiensten) | Digitale Dienste (Online-Marktplätzen, Online-Suchmaschinen, soziale Netzwerke) |
ICT-Dienstleistungsverwaltung, Raumfahrt, öffentliche Verwaltung | Forschung |
Nicht nur große Unternehmen, sondern auch kleinere und mittelständische Unternehmen können von der Richtlinie betroffen sein. Wenn Ihr Unternehmen mindestens 50 Mitarbeitende beschäftigt und einen Jahresumsatz von 10 Millionen Euro aufweist, sollten Sie genauer hinschauen. Doch Größen- und Umsatzkriterien sind nicht die einzigen Parameter. Einrichtungen, die Domänennamenregistrierungsdienste erbringen, sind beispielsweise ebenfalls betroffen, unabhängig von ihrer Größe. Ebenso könnten nach nationalen Bestimmungen lokale öffentliche Verwaltungen oder Bildungseinrichtungen in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.
Zeitrahmen und Fristen
Die NIS2-Richtlinie wurde 2023 verabschiedet, aber die EU-Mitgliedsstaaten haben bis zum 17. Oktober 2024 Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Dies bedeutet, dass die betroffenen Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt die notwendigen Anpassungen vornehmen und die neuen Anforderungen erfüllen müssen. Es ist entscheidend, diesen Zeitraum zu nutzen, um sich umfassend auf die Änderungen vorzubereiten und potenziellen Strafen zu entgehen.
Mögliche Strafen und Konsequenzen
Die NIS2-Richtlinie ist nicht nur eine Empfehlung oder ein Leitfaden, sie hat rechtliche Durchschlagskraft. Unternehmen, die sich nicht an die festgelegten Sicherheitsstandards und -anforderungen halten, setzen sich erheblichen finanziellen Risiken aus. Bei Verstößen können Strafen bis zu 10 Millionen Euro oder bis zu 2% des weltweiten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres verhängt werden, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Darüber hinaus birgt die NIS2-Richtlinie das Potenzial, dass Geschäftsführer persönlich haftbar gemacht werden können, was zusätzliche Rechtsfolgen und -kosten für die Unternehmensführung mit sich bringt.
Wie Sie sich effektiv vorbereiten
Die NIS2-Richtlinie stellt Unternehmen vor neue und erweiterte Vorgaben in Bezug auf Cybersicherheit. Eine systematische Herangehensweise an diese Anforderungen ist entscheidend, um die Compliance sicherzustellen und die Organisation zu schützen.
Hier sind einige empfohlene Schritte:
- Einschätzung des Anwendungsbereichs: Untersuchen Sie, inwiefern Ihr Unternehmen von der NIS2-Richtlinie betroffen ist. Dies betrifft primär Unternehmen in sicherheitsrelevanten Sektoren mit mindestens 50 Mitarbeitende und einem Jahresumsatz von 10 Millionen Euro.
- ISO 27001-Zertifizierung: Die ISO 27001-Zertifizierung bietet einen strukturierten Ansatz zur Implementierung von Informationssicherheitsmaßnahmen. Viele Voraussetzungen der NIS2 werden durch diese Norm abgedeckt.
- Identifikation kritischer Assets: Führen Sie eine detaillierte Bewertung Ihrer Geschäftsprozesse durch und identifizieren Sie kritische Systeme und Datenbereiche. Beachten Sie dabei insbesondere Risiken, die sich aus der Lieferkette ergeben.
- Festlegung von Rollen und Verantwortlichkeiten: Definieren Sie klare Zuständigkeiten innerhalb Ihres Unternehmens für Bereiche wie Cybersicherheit, Informationssicherheit und Business Continuity.
- Mitarbeitendenschulungen: Das Bewusstsein und die Kenntnisse Ihrer Mitarbeitenden sind entscheidend. Investieren Sie in regelmäßige Schulungen, um sicherzustellen, dass Ihr Team aktuelle Bedrohungen erkennt und angemessen darauf reagiert.
- Implementierung von Überwachungs- und Reaktionssystemen: Stellen Sie sicher, dass Sie über Mechanismen verfügen, um potenzielle Sicherheitsvorfälle in Echtzeit zu erkennen und darauf zu reagieren.
Fazit
Die NIS2-Richtlinie markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der europäischen Cybersicherheitspolitik. Sie stellt Unternehmen nicht nur vor erweiterte Anforderungen, sondern hebt auch die Wichtigkeit eines proaktiven und systematischen Ansatzes zur Cybersicherheit hervor. Die Herausforderungen sind immens, doch mit der richtigen Vorbereitung und einem fundierten Verständnis der Anforderungen kann die Konformität gewährleistet werden. Als Experten im Bereich Informationssicherheit stehen wir Ihnen zur Seite, um Sie durch den Anpassungsprozess zu führen und sicherzustellen, dass Ihr Unternehmen den neuen Standards entspricht.