Cyberkriminelle nutzen nicht nur digitale Schwachstellen aus – auch in der physischen Welt finden sie Wege, um sich unbefugt Zugang zu Unternehmen zu verschaffen. Während klassische Netzwerk-Penetrationstests Sicherheitslücken in der IT-Infrastruktur aufdecken, simulieren physische Penetrationstests reale Einbruchszenarien: Wie leicht können Unbefugte in Unternehmensgebäude eindringen? Welche Schutzmaßnahmen greifen – und welche nicht? Dabei wird die physische Sicherheit von Unternehmen getestet, beispielsweise die Überwachung und Absicherung von sensiblen Daten und Räumen.
Wir bei itsecuritycoach bieten beide Arten von Penetrationstests an, um Unternehmen ganzheitlich abzusichern. Erst kürzlich haben zwei unserer Cyber-Security-Experten in einem Unternehmen einen physischen Pentest mit Erfolg durchgeführt: In diesem Blogbeitrag erfahren Sie anhand dieses Pentests, wie ein solcher Test abläuft, welche Schwachstellen wir aufdecken konnten und welche Maßnahmen Unternehmen jetzt ergreifen sollten.
Was sind physische Penetrationstests?
Physische Penetrationstests (kurz: Pentests) prüfen, wie gut Unternehmensgebäude gegen unbefugten Zutritt gesichert sind. Häufig basieren Sicherheitsmaßnahmen auf Zutrittskontrollen mittels Mitarbeiterkarten und Überwachungskameras. Doch trotz dieser Schutzmechanismen gelingt es Angreifern immer wieder, sich Zugang zu verschaffen – sei es durch das Umgehen von Sicherheitsvorkehrungen, das Ausnutzen von Schwachstellen oder gezieltes Social Engineering.
Die Folgen können gravierend sein: Angreifer könnten Schadsoftware ins Unternehmen einschleusen, sensible Daten entwenden oder das gesamte Netzwerk lahmlegen. Physische Pentests ergänzen klassische Netzwerk-Pentests und sind essenziell, um Sicherheitslücken in der Gebäudesicherheit aufzudecken.

Physische Penetrationstests: Planung wie echte Angreifer
Bevor unser Team den physischen Penetrationstest durchführte, wurden in enger Absprache mit dem Unternehmen alle Rahmenbedingungen festgelegt. Dazu gehörten die Ziele des Tests, erlaubte Methoden und das spezifische Angriffsszenario – beispielsweise das Einschleusen von Schadsoftware. Diese Abstimmung dient nicht nur der Testplanung, sondern auch der rechtlichen Absicherung. Wichtig: Bei Pentests wird niemals echte Schadsoftware verwendet, sondern lediglich harmlose „Dummy-Software“, die keinen Schaden anrichtet, sondern lediglich als Nachweis für den erfolgreichen Angriff dient.
Ein Physical Pentest simuliert ein reales Angriffsszenario so authentisch wie möglich. Deshalb begann unser Team mit einer umfassenden Informationsbeschaffung – genau wie es echte Angreifer tun würden. Dazu gehörte die Recherche über das Unternehmen, seine Dienstleistungen, mögliche Sicherheitsmaßnahmen sowie interne Strukturen. Öffentliche Quellen wie die Unternehmenswebsite, soziale Medien und Google Maps lieferten wertvolle Hinweise zu Standorten, Gebäudelayouts und potenziellen Schwachstellen. Im konkreten Fall nutzte das Unternehmen im getesteten Gebäude eine einheitliche Mitarbeiterkleidung: ein Hemd mit angesticktem Logo am Kragen. Unser Team fertigte eine Nachbildung an, um sich beim Test als Mitarbeiter auszugeben.
Ziel unseres physischen Penetrationstests war es, dass sich unser Team unbemerkt Zutritt zum Gebäude verschafft. Um die Erfolgschancen zu erhöhen, bekamen wir im Vorfeld einen Hinweis, an welchem Tag die meisten Mitarbeiter vor Ort waren – eine Information, die sich unser Team zunutze machte, um in der Menschenmenge weniger aufzufallen. Zusätzlich wurde das Gebäude von außen untersucht: Welche Zugangskontrollen gibt es? Wo befinden sich Kameras und alternative Eingänge? Durch diese Beobachtungen ließ sich ein detaillierter Angriffsplan erstellen – inklusive Plan B für unvorhergesehene Situationen.
Der große Tag – Zugang mit simplen Tricks
Am Tag des physischen Pentests parkten unsere beiden Tester in der Nähe des Unternehmens. Einer von ihnen war als Mitarbeiter verkleidet, während der andere im Anzug auftrat, um sich als Besucher auszugeben. Sie beobachteten den Haupteingang und nutzten die Gelegenheit, als ein Mitarbeiter das Gebäude betrat, indem sie ihm unauffällig folgten. Da er die Tür offenhielt, konnten sie die Zugangskontrolle problemlos umgehen.
Im Gebäude angekommen, stiegen sie mit dem Mitarbeiter in den Aufzug, der nur mit einer Mitarbeiterkarte bedient werden konnte. Als dieser danach fragte, wo sie hinmöchten, antwortete einer von ihnen mit „erste Etage“ – genau die, die der Mitarbeiter gerade gewählt hatte. Während der Mitarbeiter seine Karte an den Sensor hielt, drückte der zweite Tester unauffällig zusätzlich die Taste für die zweite Etage. So konnten sie sich im Gebäude aufteilen und ihre Chancen erhöhen, unbemerkt in sensible Bereiche des Unternehmens zu gelangen.
Selbstbewusstes Auftreten war dabei der Schlüssel: Sie bewegten sich so, als ob sie ganz selbstverständlich dort hingehörten – niemand stellte ihre Anwesenheit infrage. Ihnen wurden Türen von anderen Mitarbeitern aufgehalten, wodurch sie ohne jegliche Hindernisse immer weiter ins Gebäude vordringen konnten.
Bereits wenige Minuten nach dem Zutritt gelang es einem der beiden Tester, einen Besprechungsraum mit direktem Netzwerkzugriff zu betreten. Dort dokumentierte er mit Fotos, dass er sich im Inneren des Gebäudes befand – ein Beweis für die Sicherheitslücken. Wäre er ein echter Angreifer gewesen, hätte er hier problemlos Schadsoftware einschleusen oder sensible Daten abgreifen können. Die Tarnung wurde erst aufgelöst, als ein Mitarbeiter den Raum betrat und ihn fragte, was er dort machte, da der Besprechungsraum in wenigen Minuten für ein Meeting reserviert war.

Was sagen die Ergebnisse dieses physischen Penetrationstests aus?
Der erfolgreiche Zutritt unseres Teams zeigte, wie einfach es für einen Angreifer sein kann, sich unbemerkt Zugang zu einem Unternehmensgebäude zu verschaffen. Wäre es ein echter Angriff gewesen, hätte dieser in wenigen Minuten Schaden anrichten können – sei es durch das Einschleusen von Schadsoftware, das Abgreifen sensibler Daten oder das Manipulieren interner Systeme.
Besonders alarmierend: Hätte unser Team seine Identität nicht aufgelöst, sondern sich beispielsweise als neue Mitarbeiter ausgegeben oder mit einer erfundenen Geschichte Vertrauen gewonnen, wäre es ihnen vermutlich gelungen, noch tiefer in sicherheitskritische Bereiche vorzudringen.
Die Hauptgründe für die unzureichende Sicherheit:
- Fehlende Zugangskontrolle:
- Das Unternehmen nutzt zwar Mitarbeiterkarten, überprüft jedoch nicht konsequent, wer das Gebäude betritt.
- Gerade in Stoßzeiten, wenn viele Mitarbeiter gleichzeitig ankommen, können sich Unbefugte leicht unauffällig einschleusen.
- Dies ermöglichte den Zutritt zu Räumen mit direktem Netzwerkzugang – ein erhebliches Sicherheitsrisiko.
- Der Faktor Mensch – fehlende Sensibilisierung:
- Der gesicherte Aufzug hätte eine zusätzliche Barriere sein können, doch unser Team konnte sich problemlos unter die Mitarbeiter mischen.
- Niemand hinterfragte ihre Identität oder forderte einen Nachweis.
- Mitarbeiter sind es nicht gewohnt, Unbekannte kritisch zu prüfen – eine klare Sensibilisierungslücke.
Fazit: Selbst Unternehmen mit Zugangskontrollen und Sicherheitsmaßnahmen sind nicht automatisch vor unbefugtem Zutritt geschützt. Kriminelle agieren professionell und unauffällig. Durch selbstbewusstes, freundliches Auftreten und ein angepasstes Erscheinungsbild fallen sie in der Menge nicht auf. Türen werden ihnen offengehalten, Identitäten werden nicht hinterfragt – selbst von aufmerksamen Mitarbeitern. Unternehmen sollten ihre Sicherheitsrichtlinien regelmäßig überprüfen, Mitarbeiter sensibilisieren und physische Penetrationstests durchführen, um Schwachstellen frühzeitig zu erkennen.
Verschiedene Szenarien von physischen Pentests
Neben der Methode, die unser Team genutzt hat – sich als Mitarbeiter oder Besucher auszugeben – gibt es zahlreiche weitere Wege, wie sich Kriminelle Zugang zu Unternehmensgebäuden verschaffen. Ein physischer Penetrationstest kann verschiedene Szenarien simulieren, um Sicherheitslücken aufzudecken.
Täuschung durch falsche Identität
- Handwerker oder Lieferdienst: Angreifer geben sich als externe Dienstleister aus, z.B. als Handwerker, IT-Techniker oder Postboten. Falls das Unternehmen eine externe Facility-Management-Firma beschäftigt, kann das Tragen passender Arbeitskleidung oder das Vorzeigen eines gefälschten Auftragszettels den Zutritt erleichtern.
- Ablenkungsmanöver: Zwei Personen arbeiten zusammen – eine lenkt Mitarbeiter ab, während die andere unbemerkt ins Gebäude schleicht.
Technische Angriffe auf Zugangskontrollen
- Klonen von Mitarbeiterkarten: Mithilfe spezieller Geräte können RFID- oder NFC-Karten unbemerkt ausgelesen und geklont werden, um sie später für einen Replay-Angriff zu nutzen, um Zutrittskontrollen zu durchqueren.
- Fehlende physische Sicherheit: Unzureichend gesicherte oder offenstehende Türen können genutzt werden, um sich Zutritt zu verschaffen.
Schadsoftware & Datendiebstahl nach erfolgreichem Zutritt
- USB-Drop-Angriff: Angreifer platzieren mit Schadsoftware versehene USB-Sticks an Arbeitsplätzen oder stecken sie in unbeaufsichtigte Rechner ein. Ein neugieriger Mitarbeiter, der den Stick ausliest, könnte das gesamte Unternehmensnetzwerk infizieren.
- Diebstahl von Unternehmensdaten: Dokumente, Notizen oder ungesicherte USB-Sticks und Festplatten können entwendet werden.
- Manipulation von Netzwerkinfrastruktur: In ungesicherten Serverräumen könnten Netzwerkgeräte außer Betrieb gesetzt oder Kabel gezogen werden, um Systeme zu stören oder das Netzwerk lahmzulegen.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Um Unternehmen wirksam vor physischen Angriffen und Social-Engineering-Methoden zu schützen, sind gezielte Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Die folgenden Punkte sind essenziell, um Schwachstellen zu minimieren:
Sensibilisierung der Mitarbeiter für Social Engineering
- Mitarbeiter müssen sich der Gefahr bewusst sein, dass Angreifer physische Zutrittsmethoden umgehen.
- Unbekannte Personen im Gebäude sollten nicht ignoriert, sondern aktiv angesprochen und nach ihrer Identität gefragt werden.
- Namensschilder oder Mitarbeiterausweise sollten verpflichtend sichtbar getragen werden.
- Vor dem Zutritt ins Gebäude sollte eine konsequente Identitätsprüfung erfolgen, insbesondere bei unbekannten Personen.
Gefahr durch „Bad USB“-Angriffe minimieren
- Mitarbeiter sollten geschult werden, keine unbekannten USB-Sticks in Unternehmensgeräte einzustecken.
- Potenziell gefährliche USB-Geräte sollten direkt der IT-Abteilung gemeldet werden.
- Eine technische Absicherung, z.B. das Sperren von USB-Ports für nicht autorisierte Geräte, sollte in Betracht gezogen werden.
Sicherung sensibler Daten und Bereiche
- Zugang zu sensiblen Räumen sollte ausschließlich autorisiertem Personal gestattet sein.
- Türen dürfen nicht durch Gegenstände blockiert werden, um unbefugten Zutritt durch offenstehende Türen zu verhindern.
- Dokumente mit vertraulichen Informationen sollten niemals offen auf dem Schreibtisch liegen bleiben, sondern stets verschlossen aufbewahrt werden.
- Unternehmensdaten müssen verschlüsselt auf Festplatten und anderen digitalen Speichermedien gesichert werden.
Erweiterung der Kameraüberwachung & Reaktionsmaßnahmen
- Eine umfassende Kameraüberwachung kann helfen, verdächtige Aktivitäten frühzeitig zu erkennen.
- Bei auffälligem Verhalten von Personen sollte sofort eingegriffen und eine Identitätsprüfung durchgeführt werden.
Fazit: Ist Ihr Unternehmen so sicher, wie Sie denken?
Der durchgeführte physische Penetrationstest hat deutlich gemacht, dass selbst Unternehmen mit umfangreichen Sicherheitskontrollen Schwachstellen und Schlupflöcher aufweisen können. Ein zentraler Aspekt dabei ist der Faktor Mensch. Die Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeitenden sollten höchste Priorität genießen. Es ist entscheidend, dass alle Mitarbeitenden die Bedeutung von Sicherheitsmaßnahmen erkennen und deren konsequente Umsetzung unterstützen – auch wenn dies einen zusätzlichen Aufwand für das Unternehmen bedeutet.
Die physische Sicherheit eines Unternehmens spielt eine zentrale Rolle, um Datendiebstahl, Cyberangriffe und Systemausfälle zu verhindern. Ein ganzheitlicher Ansatz, der sowohl technische als auch menschliche Faktoren berücksichtigt, ist unerlässlich, um die Sicherheitslage nachhaltig zu verbessern. Physische Penetrationstests sind ein effektives Mittel, um Sicherheitslücken in Ihrem Unternehmen zu identifizieren. Sie ermöglichen es, potenzielle Schwachstellen aufzudecken und darauf basierend gezielte Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln, um diese Lücken zu schließen.
Möchten Sie auch einen physischen Pentest für Ihr Unternehmen durchführen lassen? Unsere Expertinnen und Experten von itsecuritycoach testen die Sicherheit in Ihrem Unternehmen. Kontaktieren Sie uns und vereinbaren sie ein Beratungstermin – das Erstgespräch ist für Sie kostenlos.